Dienstag, 28. September 2021
DER SCHWARZE PIRAT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Frischer Wind in der Schachtel: DER SCHWARZE PIRAT
2006 gab es aus Autorensicht eine ganz besondere Würdigung. Mit Guido Hoffmann, dem Autor des Kinderspiel des Jahres, hat erstmalig der Sohn eines bisherigen Preisträgers eine entsprechende Auszeichnung erhalten. Rudi Hoffmann, der 1989 für CAFÉ INTERNATIONAL ausgezeichnet wurde, wird sich 17 Jahre später ebenso wie sein Sohn über die erneute Würdigung für die Autorenleistung in der Familie gefreut haben.
Mit den durch einen Blasebalg angetriebenen fliegenden Teppichen in AKABA hat Guido Hoffmann schon 2005 auf sich aufmerksam machen können. Die damit verbundene hektische Würfelei und die häufig kippenden Moosgummi-Fluggeräte sorgten für manche Frustration am Spieltisch. Die Fehler des Erstlings sind bei der Haba-Neuerscheinung DER SCHWARZE PIRAT ausgeräumt.
Diesmal werden zwei bis vier Spieler in eine große Schatzinselwelt versetzt. Jeder besitzt ein Schiff mit einem Stoffsegel, außerdem lauert noch ein Piratenschiff in der Bucht einer Insel. Auf den Schatzinseln liegen Goldmünzen, deren Vorrat mit jedem Spielzug wächst. Ein Windwürfel legt fest, ob das eigene Schiff auf Schatzsuche gehen darf oder ob man die Piraten engagieren kann. Mit drei- oder viermaliger Nutzung des Blasebalgs versuchen die Spieler Schatzinseln zu erreichen oder einen Überfall auf die Mitspieler zu wagen. Erst wenn alle 36 Goldmünzen in den Schatzsäcken der Spieler verschwunden sind, endet das Spiel, was bei geübten Seefahrern meist schon nach einer Viertelstunde der Fall ist.
Die dreidimensionale Inselwelt mit ihren harmonischen Rundungen lässt die Segelschiffe zügig und elegant dahingleiten. Nach etwas Übung mit dem Blasebalg kommen auch fünfjährige Kinder gut mit der Fortbewegung zwischen den Schatzinseln klar. Der schwarze Pirat bringt zusätzliche Spannung ins Spiel, da ein Überfall eines Mitspielers immer in einer Knobelphase endet. Haba hat das Spiel diesmal so hervorragend umgesetzt, dass es nichts mehr zu kritisieren gibt. Mit diesem Geschicklichkeitsspiel hat der Autor ein Ambiente geschaffen, das der genialen Blasebalg-Idee wirklich gerecht wird.
Titel: DER SCHWARZE PIRAT
Autor: Guido Hoffmann
Grafik: Guido Hoffmann
Verlag: Haba www.haba.de
Spieler: 2 - 4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: 10 - 20 Minuten
Preis: ca. 30 €
Spiel 32/2006 R168/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 61jährige Guido Hoffmann arbeitet wie sein Vater Rudi Hoffmann als Illustrator und Spieleautor. Studiert hat er u.a. an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, dort lebt und arbeitet er inzwischen auch.
SIESTA, sein erstes Spiel, erschien 1999 bei Goldsieber. Seine erste Spielegrafik galt 2001 mit OGALLALA einem Klassiker seines Vaters.
Sein erster großer Erfolg war AKABA (Haba), mit dem er 2005 den Deutschen Kinderspielepreis gewann. 2006 folgte der Preis der Jury für das Kinderspiel des Jahres für DER SCHWARZE PIRAT.
Weitere innovative Spiele hat er zusammen mit Jens-Peter Schliemann entwickelt, so DAS GEHEIMNIS DER ZAUBERER (Mattel 2015) oder HOLTERDIPOLTER (moses. 2014).
Für BURG FLATTERSTEIN (Drei Magier 2016) gewann er die österreichische Auszeichnung Spiele Hit für Kinder.
Auf dem Bild ist Guido Hoffmann 2015 in Göttingen zu sehen.
Samstag, 25. September 2021
CRYPTID
Wo steckt der CRYPTID?
Der Auszeichnungen sind viele für das Deduktionsspiel CRYPTID, das seit 2018 auf dem Markt ist. Schon im ersten Jahr war es beim Golden Geek für das innovativste Brettspiel neben Spielen wie CHRONICLES OF CRIME, THE MIND und ROOT nominiert. 2019 gehörte es zu den nominierten Spielen der Origins Awards, war Finalist beim Spiel des Jahres in Spanien und gehörte 2020 zu den zehn Nominierten des Tric Trac Awards.
Drei bis fünf Spieler gehen in CRYPTID auf die Suche nach einer geheimnisvollen Kreatur, die so etwas wie die Verkörperung von Yeti und Wolpertinger sein mag, deren Entdeckungsruhm sich niemand entgehen lassen würde.
Jeder Spieler besitzt Teilinformationen über den Lebensraum der Kreatur. Sein Gelände, in dem er irgendwo auftaucht, wird aus sechs Spielplanteilen mit 18 Hexfeldern je nach Szenario immer wieder neu zusammen gepuzzelt. Dort stoßen wir auf übliche Landschaften wie Wüste, Wasser und Wald, außerdem gibt es dort Berge und Sumpflandschaften. Neben dem CRYPTID tauchen dort Pumas und Bären auf, Hinkelsteine und verlassene Hütten in den Farben weiß, grün, blau und schwarz. Eigenes Wissen gibt man preis durch Anzeige mit Würfeln und Scheiben, wobei die Würfel verneinend wirken und die Scheiben Vermutungen bestätigen.
Letztlich genial einfach hat das Autorenpaar Ruth Veevers und Hal Duncan den Deduktionsprozess vorbereitet. Die Aufbaukarte für das spezifische Gelände gibt jedem Beteiligten nur einen einzigen Hinweis, die alle zusammengenommen aber einen exakten Standort der Kreatur ergeben. Der Hinweis kann sich auf zwei Geländearten beziehen, er kann eingegrenzt werden auf Felder innerhalb von Gelände oder Territorien von Tieren oder auf weitere Gebiete im Abstand von zwei oder drei Feldern um Hütten oder Hinkelsteine oder entsprechende Farbstrukturen.
Wer am Raten ist, bestimmt ein Feld und fragt einen Mitspieler, ob nach seiner Information das Wesen dort sein kann. Der Gefragte antwortet mit einem Ja- oder Neinstein. Verneint er die Frage, muss man selbst ebenfalls einen Würfel platzieren, um ein Feld anzuzeigen, auf dem sich das Wesen nicht befindet.
Mit wachsender Information darf man auch direkt auf die Suche nach dem CRYPTID gehen. In diesem Fall werden alle in der Runde befragt und wenn keiner einen Stein legt, hat man gewonnen. Im anderen Fall geht es normal weiter.
Das Hinweisbuch, das jeder in die Hand bekommt, enthält nicht nur den persönlichen Hinweis, sondern eine Gesamtübersicht über die Hinweisarten. Wichtig sind korrekte Antworten, damit die Schlussfolgerungen zu einer sinnvollen Lösung finden.
Wer es leichter haben will, lässt einen zusätzlichen Tipp zu, der an alle weitergegeben wird und eine große Hilfe sein kann. Deutlich anspruchsvoller wird es mit den Karten mit schwarzem Rand, die auch negative Hinweise enthalten können, die ein Umdenken erfordern. Man muss schon ein Gespür für die sich entwickelnden Schlussfolgerungen haben, um mit dem Spiel klarzukommen. Wer das nicht hat, sollte erst einmal mit den weißen Karten trainieren und wird schnell merken, dass man von Spiel zu Spiel besser wird.
Im Grunde genommen folgt CRYPTID dem klassischen CLUEDO. Hier geht es nun nicht um Mörder, Waffe und Tatort, sondern eher um Struktureingrenzungen durch Geländeformationen, Gebäude und Farben. Herausbekommen muss man die Art des Tipps, dem die Mitspieler folgen, um ihre gelegten Steine richtig interpretieren zu können. Und das ist mindestens so spannend wie die Tätersuche im Parker-Klassiker. Zumal der Informationsaustausch offener erfolgt, damit sind immer alle Spieler beteiligt. Ein herausforderndes Spiel. Wer dieses Genre mag, kommt an CRYPTID nicht vorbei.
Was mir besonders gefällt an CRYPTIDl, ist der ganz ohne Stifte und Papier auskommende Deduktionsvorgang. Bei ähnlichen Spielen habe ich mich oft nicht mehr in meiner Notizflut zurechtgefunden, das kann mir hier nicht passieren.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: CRYPTID
Autoren: Hal Duncan, Ruth Veevers
Grafik: Kwanchai Moriya
Verlag: Skellig Games
Spielerzahl: 3-5
Alter: ab 14 Jahre
Spieldauer: ca. 30 - 50 Minuten
Preis: ca. 40 Euro
Spiel 62/2021
Montag, 20. September 2021
RINGEL RANGEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Bestes Kinderspiel 1993: RINGEL RANGEL
RINGEL RANGEL von Geni Wyss wurde 1993 mit dem „Sonderpreis Kinderspiel“ ausgezeichnet. Damit hat die Jury Spiel des Jahres zum ersten Mal ein Geschicklichkeitsspiel für Kinder besonders gewürdigt, das, wie viele Spiele der Firma Haba, sich auf einem großen Holzspielplan mit vielen Holzfiguren abspielt.
Zwanzig Holzscheiben, bunten Bällen gleich, werden zu Spielbeginn auf einer Gartenlandschaft beliebig verteilt. 24 Holzschildkröten in sechs Farben liegen in zwei Stapeln neben dem Spielplan bereit. Von den Bällen inzwischen fast verdeckt sind sechs Schildkrötennester auf dem Spielplan zu sehen. Am Anfang sucht sich jedes Kind eine Ballfarbe aus, dann versuchen sie, die farbigen Schildkröten in ihre passenden Nester zu führen. Die vielen Holzscheiben stören und müssen vorsichtig zur Seite geschoben werden, damit die Schildkröten in ihre Nester gelangen.
Die Fortbewegung der Schildkröte ist streng reglementiert, sie darf nur mit einem Finger geschoben werden. Da fällt dann doch schnell einmal ein Ball oder mit fortlaufendem Spiel auch eine Schildkröte aus dem Gartenplan heraus. Bälle und Schildkröten bringen Minuspunkte, nur Bälle der eigenen Farbe werden nicht gewertet. Fällt der Ball einer Mitspielerfarbe, erhält der unglückliche Schubser von dem betreffenden Spieler eine Schildkröte geschenkt, sofern dieser eine besitzt. Strafpunkte lassen sich aber auch verringern: Immer dann, wenn es einem Spieler gelingt, eine Schildkröte sicher ins Ziel zu schieben, ohne dass etwas vom Spielplan fällt, darf ein Ball an einer beliebigen Stelle wieder auf dem Plan platziert werden.
Mit der Zeit entsteht ein riesiges Gerangel auf dem Plan, das man für etwas ältere Kinder noch durch drei zusätzliche Baumstämme verschärfen kann. Diese werden zu Beginn in vorgebohrten Löchern befestigt, so dass sie sich drehen können und die Schiebeaktivitäten erheblich erschweren. Das Spiel endet, wenn die beiden Schildkrötenstapel aufgebraucht sind. Der Spieler mit den wenigsten Bällen und Schildkröten gewinnt das vergnügliche RINGEL RANGEL.
Mit dem Spiel hat die Firma Haba 1993 Neuland beschritten: Geschicklichkeitsspiele für Kinder gab es, wenn man einmal vom FLOHSPIEL und dem Klassiker MIKADO absieht, überhaupt noch nicht auf dem Markt. Spielerisch und ganz ohne den pädagogischen Zeigefinger wird hier etwas für die Feinmotorik der Kleinen getan. Das ganz Besondere an RINGEL RANGEL ist aber, dass mitspielende Eltern ebenso gefordert sind und sich nicht herablassen müssen, mit ihren Kindern zu spielen. Die Spielfreude des Nachwuchses überträgt sich schnell auf die ältere Generation, so dass auch Erwachsenenrunden mit Begeisterung die Spielfläche mit Schildkröten bevölkern. Ein rundum gelungenes und hervorragend ausgestattetes Kinder- und Familienspiel.
Titel: RINGEL RANGEL
Autor: Geni Wyss
Grafik: Stephan Kreuzer
Verlag: Haba
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: etwa 20 Minuten
Preis: ca. 55.00 DM
Spiel 33/1993 R162/2021
Die Rezension erschien auf der Juryseite
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu dem Autor:
Geni Wyss, eigentlich Eugen Wyss, ist ein Schweizer Spieleautor, der vor allem in den 90er Jahren einige Spiele veröffentlichen konnte. Schon 1989 gewann er mit HENNE BERTA (Haba) den Sonderpreis Schönes Spiel der Jury. RINGEL RANGEL war dann sein größter Erfolg.
Samstag, 11. September 2021
WITCHSTONE
WITCHSTONE: EINFACH GENIAL lässt grüßen
Das einfachste und vielleicht genialste Spiel Reiner Knizias ist vor 17 Jahren bei Kosmos erschienen, damals konnte man nicht in thematische Spielwelten eintauchen, sondern legte in Domino-Manier zwei aneinandergeklebte Kunststoff-Sechsecke auf einen wabenförmigen Spielplan, um punkteträchtige Farbkombinationen zu erreichen. EINFACH GENIAL hieß Knizias Idee und genauso war das Spiel auch.
Nun, fast eine Generation später, begegnet uns dieses Spielprinzip wieder. Eingebunden in eine Geschichte von Hexen und Zauberern, diesmal mit Co-Autor und bei R&R Games und im deutschen Vertrieb von HUCH! Mit im Spiel ist diesmal der in Deutschland lebende italienische Autor Martino Chiacchiera, den wir von den DECKSCAPE-Fällen, von DECKTECTIVE, SIMILO und Spielen wie ALI BABA und MYSTHEA kennen.
Die beiden Autoren nutzen das EINFACH GENIAL-Prinzip als intelligente Steuerung eines Zauberer-Kampfes. Die persönlichen Spielfelder sind eingedampft, das Hexagon halbiert, statt einer Seitenlänge von acht Feldern, stehen nur noch vier zur Verfügung, die zusätzlich noch durch sieben Kristalle blockiert sind. Die ehemaligen Farben der Legeteile sind ersetzt durch Aktionsbereiche, die sich auf den gemeinsamen Spielplan auswirken. Dort gibt es Wettläufe um Siegpunkte und Bonus-Plättchen auf einem Hexagramm-Kreis, ein Rennen um die Spitzenposition findet außerdem auf einer Zauberstab-Leiste statt, wobei der Erste stets doppelt belohnt wird. Zentrales Einsatzfeld für WITCHSTONE ist aber eine magische Kristallkugel, von deren Turmfeldern aus die großen Hexen der Spieler kleinere in die Umfeldregionen starten lassen, dazu brauchen sie energetische Verbindungen, deren Bau je nach Streckenlänge steigende Siegpunkte einbringt. Schließlich will diese Welt auch noch durch viele Hexen bevölkert werden, die über diesen Energiestrecken wandern, Bonuschips einsammeln und Wertungspunkte für das Ende generieren, sofern man passende Schriftrollen findet. Dass sie zusätzlich für aktiven Einsatz auch noch zwei Siegpunkte bringen, wird gerne vergessen, deshalb am besten erst am Ende mit abrechnen.
Die Spieler besitzen 15 Legeplättchen, von denen sie stets fünf zur Auswahl haben. Entsprechend endet das Spiel auch dann, wenn nur noch vier dieser Hexplättchen offen liegen, damit nach dem elften Zug. Jede Ablage auf dem eigenen Tableau bringt mindestens die Aktivierung zweier unterschiedlicher Aktionen, meistens mehr, da man aufgedruckte Plättchen und schon ausliegende wie beim großen Vorgänger nutzt, um bestimmte Aktionen mehrfach nutzen zu können. In diesem Teil kommt das alte EINFACH GENIAL-Feeling wieder auf. In der Vernetzung der Konsequenzen erschlägt es anfangs. Lasse ich mich auf die Wettrennen im Hexagramm-Bereich ein, weil dort für die ersten Spieler höhere Siegpunktchips warten und weil es dort blaue Hexplättchen gibt, die man alternativ sofort nutzen kann, aber die sich auch auf dem eigenen Spielplan platzieren lassen, um die Anlegeoptionen zu verstärken. Ähnlich spannend ist das Wettrennen auf der Zauberstab-Leiste, da der Bonus für den Führenden nicht zu unterschätzen ist. Noch nicht eingegangen bin ich auf die störenden Kristalle, die die Ausbreitung der Hexplättchen erschweren. Eine weitere Aktion lässt die Bewegung dieser Kristalle zu, die aus den individuellen Zauberkesseln herausgeschoben werden können, um dann in einem Phiolenregal zu landen, das weitere Belohnungen verspricht.
Bei dem, was ich mache, bin ich anfangs abhängig von den Symbolen auf meinen ersten fünf Hexteilen. Ist kein Zauberstab dabei, werde ich mich vorerst nicht an diesem Wettlauf beteiligen können. Gegen Ende werden auch Schriftrollen wichtiger, da das Erfüllen von Auftragskarten mit bestimmten Konstellationen auf dem eigenen oder gemeinsamen Spielplan zusätzlich Siegpunkte bringt. Im Gegensatz zu allen anderen Aktionen ergibt die mehrfache Option hier keine Mehrfachnutzung, sondern einfach nur eine größere Auswahl aus den sechs offenen Karten.
WITCHSTONE ist belohnend angelegt, bleibt aber abhängig von der Optimierung der eigenen Spielzüge. Spannend sind die kleinen Wettläufe in den unterschiedlichen Bereichen, die für Interaktion sorgen. Die immer vielfältiger werdenden Aktionsmöglichkeiten sind nichts für Grübler am Tisch, die die Spieldauer ganz schön verlängern können. Trotzdem probiere ich WITCHSTONE gerne morgen wieder aus.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: WITCHSTONE
Autoren: Reiner Knizia, Martino Chiacchiera
Grafik: Mariusz Gandzel
Verlag: R&R Games, HUCH!
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: ca. 60-90 Minuten
Preis: ca. 45 Euro
Spiel 60/2021
Dienstag, 7. September 2021
HANS DAMPF
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
HANS DAMPF
Wenn Sie schon immer einmal ein Spiel gesucht haben, das besonders in ganz großer Runde viel Spaß macht, dann liegen Sie bei dem neuen Spiel von Reinhold Wittig, das der Berliner Blatz-Verlag herausgebracht hat, richtig.
Wie im richtigen Leben startet man in diesem Spiel zu einem Wettlauf um Kohle. Diese Kohle ist allerdings in wahrsten Sinne des Wortes zu verstehen. Sie halten nämlich damit ihre kleine Dampflokomotive unter Hochdruck, damit sie sich auf einem großen Spielplan möglichst schnell voran bewegen kann.
Das Gute an allen Spielen des Göttinger Spieleautors Reinhold Wittig ist, dass sie schnell erklärt sind. Sie begeistern daher auch immer wieder Spielemuffel, die sich nicht erst lange in komplexe Regelwerke einlesen wollen. So auch hier: Maximal acht Lokomobile, je vier auf jeder Seite versuchen den Bahnhof am anderen Ende des Spielbretts zu erreichen. Fünf keine Holztiere können die Fahrt der Züge stoppen, sie werden zu Beginn beliebig auf dem Spielplan verteilt. Gewürfelt wird mit einem Spezialwürfel, der keine "1" und "2" besitzt. Da unsere Lokomotiven nur in einer Richtung ziehen dürfen, Fahrbahnbegrenzungen, fremde Lokomotiven und der knabbernde Hase an der Bahnstrecke dies aber erschweren, kann häufig die Würfelzahl nicht voll gesetzt werden: Man verschenkt also Würfelpunkte. Das hat Reinhold Wittig wörtlich genommen. Ein solcher Spieler hat Kohlen gespart, die er auch sofort aus der Kasse ausgezahlt bekommt, aber nicht zum Behalten, sondern zum Verschenken. Und das ist das eigentlich Tolle an dem Spiel. Jeder möchte der Beschenkte sein, da mit diesen Kohlen am Ende das Ziel viel schneller erreicht werden kann. Dafür verspricht man auch schon einiges. Genüsslich kann der Schenkende sich zurücklehnen und die Angebote anhören. Es kann alles versprochen werden, ob dann auch alles gehalten wird, ist eine andere Frage. Hauptsache man hat erst einmal die Kohlen. Aber zu sehr darf man sich seine Mitspieler auch nicht verprellen.
Von diesen Schenkaktionen lebt das Spiel, sofern alle mit dem nötigen Spielspaß herangehen. Rechenkünstler, die Buch darüber führen, wieviel Kohlen denn nun jeder in der Runde erhalten hat, sollten die Finger davon lassen. Die Kohlen bunkert man und hält ihre Anzahl tunlichst geheim. Spannend wird es, sobald die ersten Lokomotiven auf die letzten Rennbahnen kommen. Da man im Schlusszug zweimal abbiegen darf, ist von hier die Fahrt ins Ziel möglich. Jetzt erweist sich recht schnell, wer der geschickteste Händler gewesen ist.
Also auf! Feilschen Sie mit! Die Hans Dampf-Lokomotiven sollten demnächst in vielen Haushalten unter Dampf stehen und Spielspaß bringen.
Titel: HANS DAMPF
Autor: Reinhold Wittig
Verlag: Blatz
Grafik: Hartmut Gärling, Heinz Moldt, Werner Opitz
Spielerzahl: 4-8
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: etwa 30 – 45 Min.
Preis: ca. 50.00 DM
Spiel 30/1993 R/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Über den Göttinger Geologen, Puppenspieler, Künstler und Spieleerfinder ließen sich Seiten füllen. Ich halte mich an dieser Stelle kurz:
Reinhold Wittig, der 83jährige Erfinder des Spieleautoren Treffens in Göttingen, entwickelt seit 1958 Spiele. 1976 gründete er seinen Kleinverlag Edition Perlhuhn, der mit Skaiplänen und Spielen in der Rolle bekannt wurde.
Zu seinen bekanntesten Spielen gehört die Würfelpyramide DAS SPIEL (1980 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet), das heute immer noch von Abacus vertrieben wird. Für WIR FÜTTERN DIE KLEINEN NILPFERDE und MÜLLER & SOHN bekam er ebenfalls diese Auszeichnung, für die Grafik war jeweils sein Sohn Matthias verantwortlich. Seine ästhetischen Maßstäbe für Spielmaterial und Optik haben maßgeblich dazu beigetragen, dass der einfache Pöppelalltag aus den Spieleschachteln verschwand. Den Kosmos-Verlag brachte er durch edle Spiele in der Reihe mit der Feder voran, darunter auch eigene Veröffentlichungen wie MARITIM, das 1987 Chancen auf das Spiel des Jahres hatte.
In den 90er Jahren prägte seine Handschrift die Spiele von Blatz und teilweise auch Haba. HANS DAMPF war eines der ersten Spiele für Blatz. KULA KULA und das hier schon vorgestellte DOCTOR FAUST aus diesem Verlag bekamen ebenfalls den Preis für das Schöne Spiel. Die ganz großen Erfolge blieben dann zwar im neuen Jahrtausend aus, immerhin landete CORNU 2007 auf der Empfehlungsliste der Kinderspieljury und MOGULI erhielt 2013 eine MinD-Würdigung.
Die Organisation des Autorentreffens hat Wittig 2016 an die SAZ übergeben, in seiner Edition Perlhuhn unterstützt ihn seit letztem Jahr Timo Diegel. Ein Jahr danach ist er mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet worden. Das Foto zeigt Wittig auf dem Autorentreffen in Göttingen 1995.
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