Sonntag, 29. Dezember 2019
RES ARCANA
Thematisch betritt Tom Lehmann mit RES ARCANA ausgetretene Pfade. Magier, die mit Essenzen um Orte, Artefakte und magische Gegenstände kämpfen, kennt der Kennerspieler aus dem Effeff, um uns dann trotzdem in den Bann zu ziehen, bedarf es schon raffinierter Tricks.
Tom Lehmann schafft es durch Reduktion und Variabilität, unterstützt wird er dabei durch den begabten Grafiker Julien Delval, der sich vor allem im Fantasy- und Science-Fiction- Sektor bewegt und Bücher und Brettspiele illustriert. Die Ikonographie von RES ARCANA ist vorbildlich.
Ganze acht Artefaktkarten und ein Magier steuern für jeden Spieler den Ablauf einer Partie, wobei mit diesen Essenzen gewonnen werden, um Siegpunkte über Monumente oder Orte der Macht zu generieren. RES ARCANA ist nicht abendfüllend, sondern in maximal einer Stunde sind die notwendigen zehn Punkte erreicht.
Aus den wenigen Karten, von denen alle anfangs nur drei auf die Hand bekommen, erst in den Folgerunden kommt jeweils eine dazu, ergibt sich eine Effizienzaufgabe, die knifflig ist. Das Ausspielen der Karten kostet Ressourcen, Monumente und Orte der Macht ebenfalls, von daher ist das Ressourcenmanagement die Hauptaufgabe. Die meisten Karten bringen Effekte, die zusätzlich ergänzt werden durch wechselnde magische Gegenstände, die Ein- und Ausstieg in die Runden prägen. Daraus ergibt sich eine erstaunliche Dynamik, die sich zügig entwickelt, sodass RES ARCANA manchmal schon nach vier Durchgängen beendet sein kann.
Die klare Ikonographie, die hilfreich durch eine Übersicht erläutert wird, sorgt für einen eingängigen Ablauf von einer Ertragsphase zu der etwas längeren Aktionsphase, in der alle Artefakte ausspielen und nutzen und Monumente und Orte in Besitz nehmen, bis zum Rundenausstieg, bei dem magische Gegenstände getauscht werden. Falls beim Rundenende niemand zehn Siegpunkte erreicht hat, folgt ein weiterer Durchgang.
Die Variabilität der Kartenzusammenstellung ist groß, daher ist es zu empfehlen, die Verteilung der Artefaktkarten nicht dem Zufall zu überlassen, was im Grundspiel empfohlen wird. Ohne Draftingverfahren sind die Ergebnisse zu beliebig. Auch die Magier, von denen alle immer zwei zur Auswahl haben, bringen Varianz, wie die verschiedenen Orte der Macht, die doppelseitig zum Einsatz kommen sowie die zufällige Reihenfolge der Monumente. Damit stellen sich die Spieler von RES ARCANA stets neuen Herausforderungen, die eingetretene Abläufe gar nicht aufkommen lassen. Vom Spielrhythmus her steht aber trotzdem am Anfang die Steigerung der Effizienz bei der Ressourcenerhöhung. Ist da eine gute Maschinerie in Gang gekommen, erwerben die Akteure ihre siegpunktträchtigen Karten.
Ich bin angetan von dieser 80. Variante eines Magier-Kampfes. Der minimalistische Ansatz Tom Lehmanns überzeugt mich. Aus einem Deck von nur acht Karten das Maximum herauszuholen, wobei sogar weitere Reduzierung durch Abwerfen von Karten Sinn macht, da es dafür Ressourcen gibt, ist immer wieder reizvoll. Interaktiv ist das Ganze allerdings nicht gerade, jeder tüftelt an seiner persönlichen Optimierungsmaschine, lässt manchmal dabei anderen Essenzen zukommen oder verursacht deren Verluste. Das hält sich aber in Grenzen, sowie das Wegschnappen lukrativer Karten. Auch das Thema tritt im Rundenablauf in den Hintergrund, da reden wir nicht über Elixiere wie den Tod, Elan und Ruhe, sondern über schwarze, rote und blaue Marker. Trotzdem zündet die Zaubermischung aller Ingredienzien. In den Bann werden die meisten Spieler gezogen und machen aus Wiederholungsrunden dann doch ein abendfüllendes RES ARCANA-Erlebnis.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: RES ARCANA
Autor: Tom Lehmann
Grafik/Design: Julien Delval
Verlag: Sand Castle Games Vertrieb: Asmodee
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: 30 - 60 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 84/2019
Samstag, 28. Dezember 2019
FENIX
Der 75-jährige Holländer Fred Horn hat ein Faible für abstrakte Spiele. Über 30 hat er bereits veröffentlicht. Die Ideen zu FENIX hatte Horn schon vor fast 50 Jahren, er wollte damit seine Freunde, die SCHACH oder DAME liebten, an einen Tisch bringen, da sie ihre jeweiligen Favoriten nie zusammenspielen mochten. Horns Entwicklung aus dem Jahre 1973 nannte er damals STRIKE und begeisterte sogar Altmeister Randolph, der die Spielweise so neu und anders fand, dass er mit FENIX einen neuen Namen vorschlug. Das Prinzip der Auferstehung, wie ein Phönix aus der Asche, ist augenscheinlich das wesentliche Element von Horns Strategiespiel. Bisher lag diese Idee nur in einer Kleinstauflage aus dem Jahre 2005 vor, die Horn damals selbst herausgegeben hat.
HUCH! macht in einer attraktiven Umsetzung die DAME-SCHACH-Mixtur einem breiten Markt zugänglich. Wie im DAME-Spiel besitzt jeder einfache Spielsteine, Horn nennt sie Soldaten, die übereinandergestapelt zu Generälen werden und im Dreierturm sogar zum König. Wie im SCHACH-Spiel geht es darum, den König zu schlagen, der aber durch das Stapelspiel wieder auferstehen kann.
Alle starten mit 28 oder 21 Spielsteinen auf großem oder kleinem Spielfeldraster und stehen sich in Dreiecksformation gegenüber. Zu Beginn befördert jeder erst einmal drei Figuren zu Generälen und kürt einen König auf beliebigen Feldern innerhalb der eigenen Startaufstellung. Die große Schlacht treten dann beide mit 19 Soldaten an, die kleinere mit 12. Der Rang der Figuren legt die Zugweite fest. Soldaten bewegen sich nur ein einziges Feld in orthogonaler Richtung. Die Doppelsteine der Generäle ziehen wie die Dame orthogonal beliebig. Schließlich orientieren sich die Züge des Königs exakt an den Möglichkeiten des Schachspiels: Er zieht wie die Soldaten nur ein Feld, zusätzlich allerdings diagonal. Die Schlagregel entspricht wieder dem DAME-Spiel: Es gibt Schlagzwang und es wird gesprungen. Mit dem kleinen, aber wichtigen Unterschied, dass der General nicht hinter der zu schlagenden Figur landen muss, sondern weiter springen darf. Damit sind Kettensprünge leichter als im DAME-Spiel möglich. Werden Generäle geschlagen, dürfen neue befördert werden. Dieses Prinzip gilt sogar für den König, sodass darauf zu achten ist, dass die Generäle die Nähe zum einfachen Fußvolk nicht meiden, damit sie potentiell gekrönt werden können. Wer es nicht mehr schafft, einen General auf den Thron zu setzen, verliert FENIX nach 15 bis 30 Minuten.
Fred Horns DAME-SCHACH-Mixtur ist ein Leckerbissen für Liebhaber strategischer Klassiker. Kein Wunder, dass Alex Randolph begeistert von dieser Idee war und die passende Umbenennung des Spiels angeregt hat. FENIX ist näher an der klassischen DAME, was sich vor allem im Endspiel zeigt, wenn Platz auf dem Spielfeld ist und die Generäle in Kettensprüngen unter dem Gegner aufräumen. Das ist nah am Ausgang eines DAME-Duells dran. Achtjährige, die DAME kennen, sind und ohne große Erklärung schnell im Spiel. FENIX passt ausgezeichnet in die Zweipersonen-Reihe von HUCH! und hält gut mit den Spielen von Kris Burm und Klassikern wie KATARENGA und HIVE mit. Das gilt auch für das hochwertige Spielmaterial vom Spielbrett bis zu den massiven Kunststoffsteinen. FENIX steht mit im Wettbewerb um den DuAli 2019. Die Chancen auf einen der drei Spitzenplätze dürften nicht schlecht stehen. Als echte Konkurrenz sehe ich faktisch nur MANDALA und ROBIN VON LOCKSLEY. Ich bin gespannt, wo die Mitglieder des Ali Baba Spieleclubs FENIX einordnen.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: FENIX
Autor: Fred Horn
Grafik/Design: Andreas Resch
Verlag: HUCH!
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2
Spielzeit: 15 - 30 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 83/2019
Freitag, 20. Dezember 2019
DER KARTOGRAPH
Blöcke, Stifte, Würfel oder Karten stecken inzwischen in vielen kleinen Spieleschachteln. Wir setzen in abstraktes Umfeld Kreuze, tragen Zahlen ein und knacken Bestmarken. Thematisch gestalten wir Straßenzüge mit schönen Häusern und Poolanlagen, führen die abenteuerlustige PENNY PAPERS durch Tempel und Täler oder werkeln an abstrakten Eisenbahnstrecken und Straßen. Viele Spielideen machen Spaß, funktionieren auch solo, ein Ende der Roll & Write- oder Flip & Draw-Ära scheint noch nicht absehbar. Zumal dann, wenn wahre Perlen wie DER KARTOGRAPH herauskommen.
Angesiedelt im ROLL PLAYER-Universum, das wir aus dem Pegasus-Programm kennen, bereiten wir die nördlichen Reiche für die Übernahme des Königreichs Nalos vor. Dafür erhält jeder einen fast leeren Landschaftsplan von 11x11 Feldern mit fünf Gebirgszügen, die eventuell durch eine Ödnis ergänzt werden können. Als Kartograph der Königin folgen wir ihren Dekreten und schaffen Ländereien, die ihr gefallen. Wir legen Dörfer an, sorgen für Äcker und Wälder. Damit auch Fische zu unserer Versorgung beitragen können, arbeiten wir an Teichanlagen. Wie wir das machen, hängt von der Laune der Herrscherin ab. Mal mag sie viele kleine Wälder gut verteilt über die gesamte Landschaft, das andere Mal sollen die Waldgebiete eher am Rand des neuen Reiches liegen. Bei den Dörfern belohnt sie einmal ganz große Haufendörfer, das andere Mal liebt sie eher kleinere Weiler. Entsprechend variabel sind andere Wünsche, die sie hat.
Viel Zeit haben wir nicht. In einem Jahr muss unser Nordland fertig sein. Daher müssen wir die anstehenden vier Jahreszeiten gut nutzen. 13 Erkundungskarten und jeweils ein Hinterhalt steuern unsere Kartenzeichnungen. Eine aufgedeckte Karte enthält Vorgaben über eine oder zwei Geländearten und zeigt ein oder zwei Tetrisformen, die bis zu fünf kleine Quadrate umfassen. Je nach Wertungsvorgabe werden diese frei in das Raster eingetragen. Jeder Jahreszeit wird ein Zeitwert zugeordnet, der durch die aufgedeckten Karten erfüllt wird. Der Wert schwankt von acht Einheiten im Frühling bis zu sechs Einheiten im Winter. Da die Karten Werte bis maximal zwei Einheiten besitzen, kommen nie alle ins Spiel. Das ist auch gut so, denn zu jeder Phase wird ein Monsterüberfall gemischt, der Planungen zerstört. Da gibt es Goblinattacken oder Koboldanstürme, die ein Gegenspieler in den eigenen Plan einträgt, falls diese Karte aufgedeckt wird. Für die Wertungen haben die Monster Konsequenzen, freie Felder um Goblin & Co. herum kosten Minuspunkte. Ohne diese Überfälle wäre DER KARTOGRAPH überhaupt nicht interaktiv, jeder würde solistisch an seinen Ländereien herumtüfteln.
Am Ende der Jahreszeit wird gewertet. Der Autor Jory Adan nutzt dabei den Wertungsmechanismus, der sich in Pfisters ISLE OF SKYE bewährt hat. Jeweils zwei der vier Wertungsbereiche kommen zum Zuge, sodass jeder Sektor exakt zweimal in die Wertung einbezogen wird. Eben diese Reihenfolge ist bei der Planung im Kartographen ebenso wichtig wie bei der Legetaktik auf der schottischen Insel.
DER KARTOGRAPH ragt aus der Masse ähnlicher Spielideen heraus wie die fünf Berge auf der Landkarte, die es zu füllen gilt. Da sind viele kleine Stellschrauben, die diese Idee besonders machen. Da ist die hohe Variabilität durch 16 verschiedene Wertungskarten und die Varianz in der Entscheidung, bei manchen Karten weniger oder mehr Felder einzutragen. Wer sich für die wenigen Felder entscheidet, bekommt Goldtaler gutgeschrieben, die ebenfalls Siegpunkte bringen. An diese Taler kommt man außerdem beim Umschließen der Gebirgsfelder heran. Auch Ruinenkarten stören den geradlinigen Ablauf, da sie Vorgaben für die nächste Erkundungskarte zur Folge haben.
Adans Idee ist nicht komplex, die Regeln sind schnell verstanden. Die Komplexität ergibt sich aus der optimalen Erfüllung der jeweiligen Aufgabenstellung. Da gilt es abzuwägen, ob man sich nur auf zwei Wertungsbereiche konzentriert, um dort voll abzusahnen, oder ob man eine breite Streuung bevorzugt. Wichtig ist eventuell die frühe Goldnutzung, da sie viermal in die Wertung eingeht. Insgesamt, unterstützt durch die wunderbare grafische Umsetzung, ist DER KARTOGRAPH ein herausragendes Spiel, dessen Landschaftsentwurf ich mich morgen gerne wieder stelle. Für mich steht es auf der Ebene von WELCOME TO, besitzt aber eindeutig das bessere Regelwerk.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DER KARTOGRAPH
Autor: Jordy Aden
Grafik/Design: Luis Francisco, Lucas Ribeiro
Verlag: Pegasus
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 1 -
Spielzeit: 30 - 45 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 80/2019
Dienstag, 17. Dezember 2019
POTOMAC
Zu den Klassikern der Denkaufgaben gehören die Flussüberquerungsrätsel. Mit möglichst wenig Überfahrten muss eine Gruppe zum Teil befeindeter Figuren über einen Fluss gebracht werden, wobei bestimmte Konstellationen von Gruppenmitgliedern auf einer Uferseite verboten sind. Weltweit bekannt sind Aufgabenstellungen mit Wolf, Ziege und Kohlkopf, die ein Fährmann überzusetzen hat. Gleiche Probleme gibt es in Afrika mit Gepard, Huhn und Reis.
In POTOMAC lässt der belgische Autor Simon Geoffroy fünf- bis zehnjährige Kinder kooperativ an einer ähnlichen Aufgabe tüfteln. Gleich sechs Tiere möchten den Fluss überqueren, um dann im sicheren Wald zu verschwinden. Waschbär, Rehkitz, Hase & Co. haben nur ein Problem, sie können nicht schwimmen und brauchen ein Floß als Hilfe bei der Überquerung und ein zweites Problem wartet am anderen Ufer, das ist ein Wolf, der auf und ab patrouilliert. Der Wald ist dann zwar nur noch einen Schritt entfernt, aber wie kommen die Tiere sicher dorthin?
Reine Denkleistung reicht bei POTOMAC nicht aus, da Geoffroy seine erste Spielveröffentlichung durch einen Würfel steuert. Trotzdem spielt im Vorgehen der Kinder logistische Planung eine wichtige Rolle. Dazu müssen sie die 4x5 Felder des Spielbretts im Blick behalten. In der unteren Reihe stehen erst einmal alle sechs Tiere am Ufer des Flusses. Diese Ausgangssituation macht schon deutlich, dass die kleinen Waldtiere, wunderschöne Holzfiguren, auch zu zweit auf jedem Feld stehen dürfen. Dann folgt der Fluss. In Strömungsrichtung bewegen sich dort zwei Boote nacheinander. Fährt eines über den Spielfeldrand hinaus, wird es vom Wasserfall erfasst und kommt nicht wieder, das zweite Boot dreht dann aber noch seine Runde. Auf der gegenüberliegenden Flussseite steht der Wolf auf einem der fünf Felder. Wenn er sich bewegt, wandert er stets Richtung roter oder gelber Blumenwiese. Auf vier von fünf Schutz bietenden Waldfeldern finden die Kinder kleine Bonusplättchen, die hilfreich bei der Wolfbekämpfung sind. Erst einmal muss das Waldtier-Team aber ohne Hilfskarten auskommen.
Die Würfelvorgaben sind simpel. Auf drei Würfelseiten darf ein beliebiges Tier orthogonal bewegt werden. Es darf auf ein Boot springen, es darf ein Boot verlassen, es darf in den Wald flüchten und dort ein Kärtchen aufnehmen, das alle anderen Kinder dann auch nutzen dürfen. Zwei Würfelseiten haben Wolfsbewegungen zu der jeweiligen Blumenwiese zur Folge und nur eine Würfelseite bringt das Boot um ein Feld voran.
Die Kinder gewinnen, wenn sie alle sechs Tiere in den sicheren Wald bringen. Die Gruppe verliert, wenn beide Boote weg sind und eines der Tiere noch übersetzen müsste. Sie verlieren natürlich auch, wenn der Wolf ein Tier fängt. Auch wenn POTOMAC vom Würfel gesteuert ist, gut planende Kinder haben durchaus eine Chance. Dafür sollten sie aber schnell eine oder zwei Tierfiguren in den Wald bringen, um an die Schutzkarten zu gelangen. Mit zwei davon kann ein Wolf in seiner Bewegung gestoppt werden. Die beiden andern lassen einen Sprung über den Wolf zu oder einen großen Satz direkt vom Boot in den Wald. Mit Hilfe dieser Schutzfunktionen ist die Siegchance gegeben. Kein Team kann natürlich etwas gegen drei Wolfsbewegungen hintereinander tun, zumal wenn diese nur in eine Blumenfeldrichtung gehen. Ein Hin und Her schadet meist nichts.
Die französische Firma Djeco sorgt mit schönen Holzfiguren und einer ansprechenden Grafik für eine attraktive Umsetzung der Spielidee, sodass auch Eltern Spaß daran finden, mit ihren Kindern gemeinsam die Tiere zu retten. Störend ist dabei vielleicht nur, dass die Schachtel reichlich viel Luft enthält und durchaus kleiner hätte ausfallen können.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: POTOMAC
Autor: Simon Geoffroy
Grafik/Design: Jesus Verona
Verlag: Djeco
Alter: ab 5 Jahren
Spielerzahl: 1 - 4
Spielzeit: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 23 Euro
Spiel 79/2019
Mittwoch, 4. Dezember 2019
SMART 10
TRIVIAL PURSUIT, der Klassiker unter den Quizspielen, ist exakt vor 40 Jahren erfunden worden. Aus einem SCRABBLE-Streit heraus entwickelten die Freunde Scott Abbott und Chris Haney in Montreal ihr eigenes Brettspiel. Vier Jahre später verkauften sie allein in Kanada 2,3 Millionen Exemplare ihres Quizspiels, weltweit sind über 90 Millionen Spiele mit den Tortenstückchen verkauft worden.
Immer wieder kommen neue Quizideen auf, in letzter Zeit war vor allem das KNEIPENQUIZ von moses. erfolgreich. Mit SMART 10 setzen die österreichischen Autoren Arno Steinwender und Christoph Reiser an, nicht TRIVIAL PURSUIT vom Führungssockel zu stoßen, aber zumindest auf dem Silberplatz der Quizspiele zu gelangen. Steinwender hat schon mehrfach ein gutes Händchen für kreative Quizideen bewiesen, so beim MASS ALLER DINGE (Game Factory) oder bei der Suche nach den schrägen Seiten Europas WO IST BITTE UMTATA ?(moses.). Mit dem interaktiven QUIZ IT von Rudy Games macht er sich aktuell sogar selbst Konkurrenz . SMART 10 hat Piatnik vom finnischen Verlag Martinex übernommen, denn das Autorenduo war nicht zuerst in der Heimat erfolgreich, sondern in Skandinavien. 2017 war SMART 10 schon bestes Erwachsenenspiel des Jahres in Schweden, in diesem Jahr kam die vergleichbare Auszeichnung in Dänemark dazu. In Deutschland war SMART 10 unter den nominierten Spielen für die TOP 10 Spielzeug, konnte aber nicht gewinnen. Bei den Spielen hatten die ADVENTURE GAMES von Kosmos die Nase vorn. Die Top 10 Auszeichnung ist letztlich nur eine Marketingaktion von Spielwaren-Fachhandel und Markenherstellern zur Absatzförderung und funktioniert nur über Einreichung von Spielen.
SMART 10 nivelliert die Grundproblematik von Quizspielen, dass da einer nur leichte Fragen beantworten muss und ein anderer sich ständig über schwere Kracher ärgert. Dafür haben sich Steinwender und Reiser ein System ausgedacht, dass allen die identischen Fragen beschert, deren Beantwortung zusätzlich noch Pokerfeeling aufkommen lässt.
In einer Art Plastiksteckbox sieht man in der runden Aussparung einen Fragenkomplex mit zehn Einzelbereichen, deren Antworten mit schwarzen Plastiksteckern abgedeckt sind. Da gibt es klassische historische Fragen wie nach dem Jahrhundert von Ereignissen wie der Start der ersten Rakete, die Entdeckung Amerikas oder der Evolutionstheorie.
Das Schöne an diesem Konzept, erst einmal kann man sich die scheinbar leichten Fragen herauspicken, wobei die Box stets weiterwandert und die Stecker bei richtigen Antworten als Punkte beim Rater bleiben. Wer meint, eine schwere Frage beantworten zu können, macht das natürlich nicht sofort, sondern wartet bis die Box ein zweites Mal bei ihm ist. Aber schon die zweite Antwort ist mit dem Risiko verbunden, dass der gewonnene Stecker verloren geht, wenn sie falsch ist. Passen oder weitermachen? Das ist die Zockerfrage, die sich ab der zweiten Runde stellt und ganz drängend wird, wenn man nur noch allein in der Runde ist und die Option hat, noch drei oder vier Punkte zu gewinnen. Hier schafft SMART 10 ganz neue Spielgefühle beim Quizzen, die diesen Ansatz ganz klar aus dem Mittelmaß üblicher Quizspiele herausheben.
Neben den klassischen Fragen geht es manchmal um Reihenfolgen, wahre und falsche Aussagen und kreative Suche nach verrückten Dingen, wie den Nahrungsmitteln oder der Farbe , die in Filmtiteln fehlen. Auch nach Brettspielen wird gefahndet oder nach Phobien. Das ist vielschichtig und redaktionell recht ordentlich bearbeitet. Die Reihenfolgenfragen sind mir allerdings zu abstrakt, zumal die Steckerauflösung nicht über eine Zahl zwischen 1 und 10 hinausgeht. Wenn beispielsweise die Schauspieler vom größten bis zum kleinsten eingeordnet werden sollen, hätte ich schon gern gewusst, wie groß nun Gregory Peck wirklich war. Da stößt das minimierte System an seine Grenzen.
Der bisherige Erfolg des Spiels lässt sich sicherlich auch durch die Plastikbox erklären, die alle 100 doppelseitigen Karten aufnimmt und gut weitergereicht werden kann. Sogar an eine Spielstandsanzeige über ein kleines Räderwerk ist gedacht, die ist aber sehr schwergängig. Unzufrieden bin ich auch mit dem Verschlusssystem. Für das Öffnen und Schließen der Smartbox hält die Regel extra eine Viererfolge von Bildern parat, trotzdem macht das jedesmal Schwierigkeiten. Warum man nicht einen einfacheren Schiebemechanismus für die Klappe oder ein Scharnier gewählt hat, ist mir unklar. Das ist aber Meckern über Äußerlichkeiten, das Spielsystem selbst überzeugt und wird sicherlich auch im deutschsprachigen Bereich erfolgreich sein.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: SMART 10
Autoren: Arno Steinwender, Christoph Reiser
Grafik/Design: keine Angabe
Verlag: Piatnik
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 -8
Spielzeit: ca. 20 - 30 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 78/2019
Dienstag, 3. Dezember 2019
NOVA LUNA
Plagiatsdiskussionen sind nicht selten in der letzten Zeit. Häufig waren Ideen von Oink Games betroffen. Nach Essen zog Asmodee DRUNKEN SAILOR aus dem Verkehr, weil die Nähe zu FAKE ARTIST GOES TO NEW YORK zu offensichtlich war. Die Auszeichnung von WERWÖRTER, das 2019 auf der Nominierungsliste zum „Spiel des Jahres“ landete, war begleitet von einer Diskussion um die auffallende Nähe zu dem Oink-Spiel INSIDER. Zudem wurde der japanische Autor Jun Susuki, dem auch der Verlag Oink Games gehört, von Ted Alspach, der an der Entwicklung der WERWÖRTER saß, um eine Lizensierung angegangen, die er aber nicht vergeben hat.
Wie so etwas sauber läuft, zeigt Uwe Rosenberg. Der hatte Gefallen an Corné van Moorsels Legespiel HABITATS gefunden, das der Holländer 2016 in seinem Kleinverlag Cwali veröffentlicht hat. In Moorsels Spiel geht es darum einen Wildtierpark aufzubauen. Vier Geländetypen und Tiere mit spezifischen Bedürfnissen für ihre Lebensräume müssen dabei beachtet werden. Diese Grundidee wollte Rosenberg abstrakter mit seiner PATCHWORK-Funktion verbinden, die die zeitbasierte Reihenfolge der Spielzüge festlegt. Was macht Rosenberg? Er fragt Corné van Moorsel, der nichts gegen eine Verwendung seiner Idee hat, erwähnt ihn dabei nicht nur in der Regel, sondern setzt ihn auch als Co-Autor auf das Spielecover. Das ist ein ehrliches Umgehen mit den Ideen der Kollegen und beispielhaft für ein Fairplay unter Spieleautoren, das die Regel sein sollte.
Die Neuinterpretation von HABITATS als NOVA LUNA hat die Edition Spielwiese veröffentlicht. Thematisch ist das Spiel zwar eingebunden in einen Mondzyklus, über dessen Kreislauf die Zugreihenfolge reguliert wird. Im Grunde genommen ist es nun aber ein abstraktes Legespiel, in dem nicht Tiere ihre vier Lebensbereiche suchen, sondern Aufgabenplättchen ihre Erfüllung durch bestimmte Farbkombinationen. Die Plättchenaufnahme nach dem PATCHWORK-Prinzip gibt dem Spiel seinen besonderen Reiz. Je leichter ein Plättchen mehrfach erfüllt werden kann, desto höher ist sein Wert, der in Schrittlängen um die Mondbahn bemessen wird. Ausgehend von der Position einer Mondsichel dürfen die nächsten drei Kärtchen um die Mondbahn herum aufgenommen werden. Jedes Kärtchen zeigt dabei an, an welche Farbplättchen es angrenzen sollte, um Aufgaben zu erfüllen. Kleine Holzmarker dienen der Markierung und regulieren das Spielende. Wenn 20 Aufgaben erfüllt sind, endet sofort das Spiel. Der Trick besteht wie bei HABITATS darin, die Plättchen so aufzunehmen und in ein Beziehungsgefüge zu bringen, dass sie nicht nur selbst punkten, sondern auch zur Aufgabenerfüllung von Nachbarplättchen beitragen.
Was einfach klingt, ist teilweise gewöhnungsbedürftig. Die Einstiegshürden sind für manche Spieler scheinbar höher als für andere. Da muss einmal im Blick sein, dass die Ausgangskarte nur die Aufgabe enthält und selbst nicht mit in dem Farbenkarussell berücksichtigt werden darf. Außerdem gelten nicht nur direkt angrenzende Karten zur Erfüllung der Aufgabe, sondern auch längere orthogonale Ketten. Sind die Verständnishürden beseitig, ist NOVA LUNA ein anspruchsvolles Legespiel, ergänzt durch die Abwegungsüberlegungen beim Voranschreiten auf der Mondleiste. Im Spiel zu zweit und zu dritt kann mit Blick auf die Ausganssituation kalkulierter der Plättchenaufbau vorgenommen werden, da anfangs elf Plättchen um die Monduhr herum ausliegen. Zu viert treten häufiger Zwänge auf. Oft braucht man ein bestimmtes Farbplättchen, dass aber nur noch einmal im Kreislauf vorhanden ist und dann vielleicht vier Felder weit entfernt liegt. Da muss man dann auf die Auffüllung der Auswahlbahn hoffen, die eintritt, wenn nur noch ein oder zwei Plättchen ausliegen.
Das abstrakte Puzzle NOVA LUNA ist grafisch von der Berliner Edition Spielwiese wunderschön umgesetzt, der Verlag hätte allerdings größere Markierungsscheiben spendieren sollen, die fallen arg winzig aus. Spielerisch erreicht es für mich nicht ganz den PATCHWORK-Sog, ist aber durch die Synergiewirkungen, die sich aus den Plättchenkombis ergeben, nicht weit weg von Rosenbergs Duell-Klassiker.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: NOVA LUNA
Autoren: Uwe Rosenberg, Corné van Moorsel
Grafik/Design: Lukas Siegmon
Verlag: Edition Spielweise
Vertrieb: Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 1 -4
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 29 Euro
Spiel 77/2019
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